• ... Herbert Grönemeyer

    Interview mit Andy Schmidt – DEINspeisesalon-Souschef Rock’n’Roll

    1 Tour mit ...

7

Wochen

21 

Städte

25 

Konzerte

30 

Cases

Pro Tag: 85 x Frühstück – 85 x Lunch – 107 x Dinner

Sobald bei uns Musik ins Spiel kommt, ist Andy im Einsatz – sei es auf Tour, bei Konzerten oder auf Festivals. Im Artist- und Crew-Catering ist er ganz in seinem Element. Sein kulinarischer Werdegang ist geprägt durch Reisen rund um den Globus, das Kochen mit Locals und die farbenfrohen & wohlriechenden Marktbesuche. Heute treffen wir uns in entspannter Feierabendatmosphäre mit ihm, um uns über die insgesamt siebenwöchige TUMULT-Tour mit Herbert Grönemeyer & Crew zu unterhalten und einen Einblick in den Tour-Alltag zu gewinnen.

DEINspeisesalon: 

Andy, lass uns direkt starten, oder!? Womit hat die Vorbereitung zur TUMULT-Tour begonnen?

Andy: 

In erster Linie beginnt für die Küche jede Tour – so auch die TUMULT-Tour – mit dem Entwerfen und Ausformulieren der Menüs. Dabei spielen Abwechslung und natürlich auch die Vorlieben und „No-Go’s“ der Künstler:innen eine wichtige Rolle. Wir erhalten im Vorfeld den s.g. Rider von der Produktion, welchen wir dann sorgfältig prüfen und die für uns relevanten Details herausfiltern. Prinzipiell ist es wichtig, darauf zu achten, dass nach einem reichhaltigen Frühstück gerade mittags Speisen integriert werden, die kohlenhydratlastig und sättigend sind. Die Crew befindet sich dann schließlich in der Aufbauphase – alle haben Hunger, wollen schnell essen und benötigen viel Energie. Da darf es neben spannenden Pasta-Gerichten in Köln ruhig mal ein Sauerbraten von unseren eigenen Eifelrindern mit Apfel-Rotkohl, Perlzwiebeln und gebutterten Kartoffelklößen oder in Berlin die vegane Kohlroulade mit Süßkartoffel, grünen Linsen, Steinpilzrahm und Schmorgurken sein. Zum Dinner trumpfen wir dann tatsächlich noch mal auf: Hier berücksichtigen wir auch eventuelle Meet & Greet-Termine bzw. Dinner-Verabredungen mit Family & Friends der Band. Besondere Leibgerichte, Ernährungsformen oder eventuelle Unverträglichkeiten fließen natürlich auch in unsere Planung ein. Und das macht dann letztendlich die Basis dafür aus, was alles auf unsere Packliste für die Logistik und die Einkaufszettel der Runner vor Ort gesetzt wird.

DEINspeisesalon: 

Und dann geht’s im Lager ans Packen, oder!? Da rollt ja tatsächlich ein ganzer 40-Tonner voll mit Küchengeräten und -material los.

Andy: 

Richtig. Im Grunde geht eine vollausgestattete Küche auf Tour. Wir haben zwei große Konvektomaten, einen Kipper, drei Kühlschränke mit Frischware sowie einen Herdblock mit sechs Platten zzgl. sechs einzelner Induktionsplatten und eine Haubenspülmaschine dabei. Hinzu kommen zwei Equipment-Cases mit großen und kleinen Töpfen, 150 bis 200 Einsätzen, verschiedenen Utensils, etc. sowie ein Case mit Trockenware und eines mit unseren typischen, orangefarbenen Brätern und Schüsseln zum Anrichten - zack: Truck geladen.

DEINspeisesalon: 

Truck geladen – und wortwörtlich ab auf die Straße. Wie groß ist unser Tour-Team?

Andy: 

Auf der TUMULT-Tour waren wir sieben Leute im DEINspeisesalon-Team: vier in der Küche, zwei Leute im Service und eine Person für die Betreuung der Künstlergarderoben. Unser Zuhause auf Tour ist der Nightliner – ein riesiger, super ausgestatteter Bus mit 16 Schlafkabinen, Bad, Küche und Aufenthaltsraum, der uns über Nacht zur nächsten Stadt bringt.

DEINspeisesalon: 

Wow! Dazu musst du uns gleich noch ein bisschen mehr erzählen. Aber lass uns erst mal darüber reden, wie so ein „ganz normaler“ Tourtag für euch abläuft.

Andy: 

Jede Station auf Tour beginnt mit dem Küchenaufbau in der jeweiligen Venue. Alle Locations haben im Voraus von uns einen Logistikplan vorliegen, aus dem hervorgeht, welche Strom- und Wasseranschlüsse wir wo auf unserer Fläche benötigen. Ab Verlassen des Tourbusses bis zum Einsetzen des Frühstücks haben wir in der Regel eine bis eineinhalb Stunden. In dieser Zeit entladen die Hands den LKW, bauen unter meiner Anleitung die Küche auf und wir fangen währenddessen auch schon an, das Frühstück zuzubereiten. Außerdem wird zu dem Zeitpunkt die am Vortag bei unseren Runnern vorbestellte Frischware angeliefert. Unser wichtigstes Tool in dieser Zeitspanne: unbedingt einen kühlen Kopf bewahren. Ich vergleiche das immer mit der Boxengasse in der Formel1. Oft fühlt sich das wie Tanken & Reifenwechsel gleichzeitig an.

DEINspeisesalon: 

Also ein kleiner Adrenalinkick inklusive.

Andy: 

Genau das! Nach dem Frühstück beginnen dann auch schon unsere Vorbereitungen zum Lunch für die ganze Crew. Nach einer kleinen Verschnaufpause und der nächsten Frischwarenbestellung geht’s für uns dann weiter mit der Produktion des Dinners. Zu Showbeginn wird alles wieder abgebaut und nach einem strikten Plan, den die Lademeister:innen kontrollieren, auf den Truck geladen. Dieser Vorgang ist unglaublich wichtig, da wir nur so sicher sein können, dass wir unser komplettes Equipment an Bord haben und nichts in einer der Locations stehen bleibt.

DEINspeisesalon: 

Kann da nicht doch mal etwas schiefgehen?

Andy: 

Um ehrlich zu sein: na klar! Wir hatten auf der TUMULT-Tour den Fall, dass ein Case abends beim Aufladen unauffindbar war. In meinem Kopf machte sich schon eine mittelgroße Katastrophe breit. Aber da heißt es: „Ruhe bewahren – alle verrückt machen!“. Da sucht dann wirklich jede:r mit – auch die anderen Gewerke. Nach gut zwei Stunden Suche in der ganzen Arena haben wir das Teil dann mutterseelenalleine auf dem 2. Stock gefunden – tatsächlich im Trubel des Abbaus auf der falschen Etage aus dem Fahrstuhl geschoben.

DEINspeisesalon: 

Das hört sich nach einem ausgeprägten Teamgeist zwischen den verschiedenen Gewerken und innerhalb unserer Crew an.

Andy: 

Absolut! Uns ist es wichtig, dass jede:r weiß, dass er/sie sich auf jede:n in der Crew verlassen kann – sowohl in unserem eigenen Team als auch in Bezug auf die anderen Gewerke, wie Audio, Licht, Rigging, Video, Deko, etc. Man darf ja nicht vergessen, dass wir uns mehrere Wochen lang jeden Tag auf engstem Raum begegnen. Klar, jede:r nimmt sich alle drei Tage am Day Off Zeit für sich, aber spätestens zum Abendessen sieht man sich wieder. Wirklichen Stress untereinander gibt es nicht. Sollte es aber doch einmal ein Missverständnis geben, wird das Thema offen und auf Augenhöhe angesprochen und geklärt. Da darf wirklich nichts verschleppt werden.

DEINspeisesalon: 

Großartig! Ein Thema, dass sicherlich auch von großem Interesse ist: Wie geht ihr auf Tour mit den jeweiligen Leftovers um?

Andy: 

Das ist ein Bereich, der mir persönlich sehr wichtig ist. Man kann extrem kreativ arbeiten, um aus den Leftovers z.B. tolle Salate für das nächste Starters-Buffet zuzubereiten. Ein:e gute:r Gardemanger auf Tour – also die Köchin/der Koch die/der kalten Küche - bestellt eigentlich keine Ware nach. Man arbeitet mit dem, was Saucier und Entremetier – die Köchin/der Koch, die/der für die Zubereitung von Beilagen zuständig ist – zuspielen. Heißt also, dass wir z.B. aus einem übriggebliebenen Stück Roastbeef einen Teufelssalat machen können oder aus Backkartoffeln vom Vorabend einen Kartoffelsalat zubereiten. Unser Ziel ist es, möglichst wenig Lebensmittel entsorgen zu müssen – natürlich hinsichtlich der Food Cost, aber ganz klar auch aus ethischer Sicht.

DEINspeisesalon: 

Mir kam zu Ohren, dass es auf der TUMULT-Tour in der Hinsicht auch ein wahres Highlight gab... erzähl mal.

Andy: 

Du meinst bestimmt die legendären BANDwiches, oder!? Die Idee hierzu resultierte daraus, dass sich die Band einen besonderen Aftershow-/Mitternachtssnack gewünscht hat und wir die Gelegenheit nutzen wollten, etwas richtig Geiles aus den Leftovers des Tages zu zaubern. Ergebnis: üppig-belegte Sandwiches mit tollem Brot, Roastbeef, Käse, Salat und allem Zipp und Zapp. Das macht glücklich und schafft eine grandiose Grundlage fürs Feierabendbierchen. Das hat sich rumgesprochen und inzwischen gibt es BANDwiches for everyone!

DEINspeisesalon: 

Was mich direkt zum sagenumwobenen „Duschbier“ bringt. Was hat es damit auf sich?

Andy: 

Das Duschbier ist Pflicht! Da ja im Nightliner relativ wenig Platz vorhanden ist und man automatisch sehr stark Rücksicht aufeinander nimmt, nutzen wir die Umkleiden und Sanitäranlagen in den einzelnen Venues. Sprich, nach Abbau gehen wir – bevor es zurück auf den Bus geht – in der Venue duschen. In jeder Umkleide steht dann ein Bierkasten bereit, aus dem man sich im Vorbeigehen ein Fläschchen schnappt, welches dann als Feierabendritual unter der Dusche getrunken wird – eiskaltes Bier unter knallheißer Dusche – es gibt nichts Besseres!

DEINspeisesalon: 

Ich bin mir sicher, das werden wir jetzt alle daheim ausprobieren.

Andy: 

Unbedingt! Von dort aus geht es dann für alle zurück auf die Nightliner, wo im oberen Bereich Nachtruhe herrscht, im unteren Bereich aber noch zusammen geschnackt und das ein oder andere Käseschnittchen gegessen werden kann. Auch wenn du nach solch einem Tag auf gute Art & Weise platt bist, nehmen sich die meisten aus dem Team noch Zeit für ein kurzes Come-Together. Man sammelt schließlich wahnsinnig viele Eindrücke und will das Erlebte ja auch Revue passieren lassen.

DEINspeisesalon: 

Andy, zum Abschluss: Was ist deine schönste Erinnerung an die TUMULT-Tour?

Andy: 

Das fällt mir leicht – definitiv unsere Ehrung „Bestes Catering auf Tour“. Das war wirklich ein super-toller Moment, als wir von Herbert Grönemeyer und der Produktion mit einem entsprechenden Pokal überrascht wurden. Die ganze Produktion war so happy mit dem Essen – das macht uns wiederum überglücklich. Für unser Team war das ein ganz direktes und herzliches Feedback, das wir als große Wertschätzung unseres Jobs verstehen. So macht das richtig Bock und motiviert natürlich enorm, künftig immer noch einen draufzulegen. Ich freu mich drauf!